Die Irren-Offensive
Nr. 11
Zeitschrift von Ver-rückten gegen Psychiatrie




Erklärung des Werner-Fuß-Zentrums:
Das kolonialisierte Subjekt

Das Plenum das Werner-Fuß-Zentrum und die beiden Vorstände von Irren-Offensive und Landesverband-Psychiatrie-Erfahrener Berlin-Brandenburg stellen fest:

Psychiatrie hat zur Kolonialisierung des Subjekts weitere Strategien entwickelt. Der dabei grundsätzlich gleich gebliebene Prozess der Entwürdigung und Demütigung durch verleumderische Diagnostik, Einschüchterung und direkte Gewaltausübung, wie Einsperren, Fixieren und Körperverletzung durch zwangsweise Verabreichung von Drogen und Elektroschock u.a. führt bei den so Misshandelten zu einer tiefgreifenden Verunsicherung. Diese ist der Ausgangspunkt einer Enteignung des Persönlichen durch "therapeutischen" Geständniszwang. Das Ende der Martern nur um den Preis sogenannter "Krankheits"-einsicht führt in Verbindung mit falschen Hilfsversprechen zu einer breiten Akzeptanz individualisierter Wahrnehmung der Unterdrückung. Gleichzeitig wird eine falsche Hoffnung auf Wiedererlangen der eigenen Würde durch Identifikation und vorauseilenden Gehorsam gegenüber dem kolonialisierenden Apparat erzeugt.

So ist es der Zwangspsychiatrie viel zu oft schon gelungen, das kolonialisierte Subjekt zu ihrem Komplizen zu machen und sich damit Legitimation jenseits der blanken Gewalt zu verschaffen. Z.B. wird mit einer "Behandlungsvereinbarung" für den Regelfall der Gewaltausübung rechtsunwirksame Augenwischerei betrieben.

Im Gegensatz dazu bestehen wir auf einem unwiderrufliches Ende des Zwangs und der Gewalt in der Psychiatrie. Wir fordern das Ende der Verfolgung auf biologistisch-rassistischer Grundlage im medizinischen Jargon, ein Ende des rechtsfreien Raumes der Zwangspsychiatrie.

Dem individualisierenden Blick setzen wir die politische
Perspektive entgegen:
Wir wissen um die in gesetzliche Gewalt gegossene Entmenschlichung durch PsychKG`s, Zwangsbetreuungsgesetze und forensische Sonderbehandlung. Ziel bleibt deren Abschaffung. Als Zwischenschritt sehen wir die breitere Nutzung der Vorsorgevollmacht als Instrument zur Verhinderung psychiatrischer Zwangsmaßnahmen, die gleichzeitig den Objektivitätsanspruch der Psychiatrie zersetzt.

Beschlossen am 9. April 2003

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